Prunkaxt aus einem Grab bei
David Bek
In Zusammenarbeit
mit dem Institut für Archäologie und Ethnographie der Armenischen
Akademie der Wissenschaften und der Kommission zur Erhaltung der Historischen
und Kulturellen Denkmäler in Erevan fanden im August-September 2001 in
der Region Kapan archäologische Geländeuntersuchungen statt. Sie hatten
das Ziel, antike Fundplätze zu kartieren und zu dokumentieren, um sie so
in Zukunft schützen zu können. Die Lage der Fundplätze wurde
mittels GPS festgehalten. Beteiligt an diesem Unternehmen waren von deutscher
Seite Esther Altmann und Stephan Kroll. Von armenischer Seite beteiligten sich
Arsen Bobokhyan, Ruben Vardaryan, Pavel Avetisyan sowie Vigen Tsotoniyan, als
Praktikant nahm Michael Kroll teil. Im Vorjahr war ein ähnliches Projekt
in der Region Sisian durchgeführt worden. In der zur Verfügung stehenden
Zeit konnte insbesondere der Süden, Osten und Norden der Region Kapan untersucht
werden. Der Westen Kapans sowie das weiter südlich gelegene Meghri soll
im folgenden Jahr untersucht werden. Für die kulante Behandlung durch die
russisch-armenischen Grenztruppen bei einem von uns nicht angemeldeten ersten
Besuch an der iranischen Grenze bei Meghri danken wir dem verantwortlichen Offizier,
der uns nach sehr eingehenden Gesprächen wieder frei liess.
Archäologischer Bericht
Insgesamt wurden in der Region Kapan im Jahre
2001 rund 50 archäologische Plätze lokalisiert. Die genaue Lage aller
Plätze war bisher nicht bekannt. Allein 5 Plätze waren allgemein als
archäologische Fundorte in Armenien den armenischen Institutionen bekannt.
Da die gesamte Region dichten Bewuchs aufweist, war ein normaler Survey unmöglich,
bei dem man auf Sicht hin untersucht und gleichzeitig lokale Hinweise miteinschliesst.
Wir waren allein auf Hinweise der lokalen Bevölkerung angewiesen. Das bedeutete,
dass wir in jedem Tal, in jedem Dorf versuchten lokale Kundige zu befragen:
Viehhirten, Lehrer, Schuldirektoren, Dorfälteste oder Geistliche. Oftmals
war das sehr erfolgreich; oft jedoch bekamen wir keine Auskunft, teils mit Absicht.
Ein weiteres Problem ergab sich aus einer weitreichenden Bevölkerungsumschichtung
in Folge des Zusammenbruchs der Sowjetunion und der sich anschliessenden kriegerischen
Auseinander-setzungen mit Azarbaidschan Anfang bis Mitte der 90er Jahre. Immer
wieder mussten wir feststellen, dass viele ursprüngliche Bewohner der Dörfer
das Land verlassen hatten; andere waren aus den Städten neu hinzugezogen;
wiederum viele andere kamen als Flüchtlinge aus Azarbaidschan. All diese
neuen Bevölkerungsgruppen waren natürlich nicht mehr mit den lokalen
Traditionen vertraut. Bestes Beispiel ist das Dorf Sznak, wo die heutige Bevölkerung
durch uns zum ersten Mal von den bedeutenden Funden erfuhr, die dort vor 50
Jahren gemacht wurden.
Eine erste
Auswertung der Befunde ergibt für die Region Kapan ein ganz überraschendes
Bild. Während chalkolithische Siedlungen in Armenien insgesamt und in Südarmenien
im Besonderen fast nirgendwo vorkommen, weist die Region Kapan nun mit Chikahok
und Chakaten 2 derartige singuläre Fundplätze auf. Quasi keine Fundplätze
gibt es hingegen aus der Frühen und Mittleren Bronzezeit, wenn man von
einem evtl. frühbronzezeitlichen Grabfund in Tantsaver absieht. Diese Befunde
stehen in starkem Gegensatz zu unseren Ergebnissen in Sisian im Jahre 2000,
wo sowohl früh- wie mittelbronzezeitliche Fundplätze festgestellt
werden konnten.
Im Anschluss
an die Arbeiten in Kapan wurden in Sisian zwei Nachuntersuchungen durchgeführt.
Die Bearbeitung der Ergebnisse des letztjährigen Surveys hatte dies nötig
gemacht. Dabei hatte sich herausgestellt, dass Kammergräber ganz offensichtlich
einen besonderen Stellenwert haben, dass die Norm einfache Steinkisten oder
Hügelgräber sind. Der Befund dieses Jahres in Kapan hatte dies bestätigt.
Die Region Kapan heute
Die Region Kapan umfasst heute etwa 50 Dörfer,
verglichen mit 13 Dörfern in Meghri. Das sind in etwa ähnlich viele
wie in Sisian oder Goris. Allerdings ist die Region wesentlich ausgedehnter
und erheblich gebirgiger. Die Industriestadt Kapan entstand erst im 19. Jh.,
als gezielt begonnen wurde, die reichen Kupfer- und Molybdänvorkommen in
der Umgebung auszubeuten. Insbesondere waren französische Bergingenieure
daran beteiligt, daneben Griechen und Russen. Kapan hatte in der Sowjetzeit
bis zu 40000 Einwohner aufgrund der Gruben. Heute hat es jedoch sehr an Bedeutung
verloren. Die Stadt liegt im engen Flusstal des Vogdji, der hier in etwa von
West nach Ost verläuft. Steil wird sie von den umgebenden meist bewaldeten
Höhenzügen überragt. Kapan liegt etwa 800 m hoch (WP 001)
und hat angeblich noch 20000 Einwohner, darunter viele armenische Flüchtlinge
aus Azarbaidschan. Arbeit gibt es in Kapan kaum. Ein grosses Metallkombinat
am Ostrand der Stadt steht seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion still und
rottet vor sich hin. Kleinere Bergwerke in der Umgebung, in denen bis 1991 Kupfer
abgebaut wurde, haben den Betrieb eingestellt. Lediglich westlich Kapan in der
alten Bergwerksstadt Kadjaran funktioniert ein Teil des riesigen Grubenkombinats
noch; hier wird Kupfer und vor allem Molybdän abgebaut. Bedenklich sind
die ungelösten Umweltprobleme der Region. Abraumhalden der Bergbautätigkeit
wurden im 20. Jh. in Seitentälern aber auch direkt im Flusstal des Vogdji
mit Millionen von Kubikmetern aufgetürmt. Das Oberflächenwasser und
die Flora rund um Kapan weisen Kupfer- und Zinkwerte in einer Höhe auf,
die man nur noch als extrem gesundheitsgefährdend bezeichnen kann.
Die ganze Region Kapan ist fast durchwegs
bis auf über 2000 m Höhe dicht bewaldet und weist gebirgs- bis hochgebirgs
Charakter auf. Die Bevölkerung verteilt sich auf etwa 50 kleine Dörfer.
Aufgrund des Gebirgscharakters der Landschaft tritt Getreideanbau zurück.
Es dominiert Viehwirtschaft, Viele Rinder und Schweine, weniger Schafe und Ziegen
wurden beobachtet. Die Dörfer liegen wegen der Hochwassergefahr zwar nahe
der Talsohle, aber immer auf mehr oder minder steilen Hängen. Zu jedem
Haus gehört ein 1000 bis 1500 qm grosser Garten, der allein für den
Anbau von Kraut, Kartoffeln, Tomaten, Bohnen e.c. genutzt wird. Alle Gärten
weisen zahlreiche Obstbäume auf: Apfel, Birne, Pfirsich, Nüsse. Das
Klima ist milder und feuchter als in Sisian. Der Fluss Vogdji entspringt im
Westen im Grenzgebirge zu Nakhicevan und mündet im Osten dann im heute
von Armenien besetzten Teil Azarbaidschans in den Arax. Seinen Lauf nimmt der
Fluss fast immer durch eine hochgebirgsartige Landschaft mit engen Schluchten
und steilen felsigen Berghängen. Der Fluss Vogdji besitzt eine Reihe von
Seitentälern mit Bächen, die auch im Spätsommer überall
Wasser führten. Fast alle Dörfer der Region liegen in diesen Seitentälern,
nicht im meist viel zu steilen Flusstals des Vogdji selbst. Beherrscht wird
die Region von einem über 3000 m hohen Gebirgsmassiv südwestlich von
Kapan, eine Fortsetzung des Sangesurskij- und Barguschatskij-Gebirgsmassives,
das Südarmenien nach Westen hin von Nakhicevan trennt. Südlich von
Kapan, auf den östlichen und südöstlichen Hängen dieses
Gebirges, finden sich viele enge, langgezogene Täler, die fast durchwegs
mit dichtem Buschwald bestanden ist. So zum Beispiel ein Tal, in dem heute die
Ortschaften Gomoran und Geghanush liegen, dann das Tal von Chakaten, dann Chikahok
und ganz im Süden z.B. Shishkert. Etwas weniger waldreich sind die Täler
nördlich und östlich von Kapan.
Details zu allen Fundorten
Die folgenden Bilder geben eine Auswahl
unserer Befunde und Ergebnisse wieder:
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Stephan Kroll 11/06/2002
last modified 15/05/2010